Logistik zeigt sich gewappnet
Im Vorfeld des „Tag der Logistik“ am 10. April 2025 diskutierten heute Experten aus wirtschafts- und praxisnaher Logistikforschung in einem Online-Pressegespräch über die Widerstandsfähigkeit von Lieferketten. Der stellvertretende Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen Dr. Klaus Wohlrabe präsentierte dabei die Ergebnisse einer Umfrage zur Lieferkettenstrategie deutscher Unternehmen zum ersten Mal in einem öffentlichen Rahmen. Diese bringen neben neuen Chancen für die Logistik auch die Notwendigkeit verstärkter Digitalisierung und des Risikomanagements mit sich. Prof. Dr. Christian Kille von der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt sowie Mitglied und Sprecher der „Logistikweisen“ ergänzte die Diskussion um eine Einschätzung zur aktuellen Marktlage sowie Aussichten für den weiteren Jahresverlauf. Trotz wirtschaftlicher Herausforderungen sei eine zunehmende Resilienz der gesamten Branche erkennbar.
Die Logistik rangiert mit einem Jahresumsatz von rund 327 Mrd. Euro im Jahr 2023 und mehr als 3,3 Mio. Beschäftigten als drittgrößter Wirtschaftsbereich nur knapp hinter der Automobilindustrie und dem Handel. Sie zählt nicht nur zu den wichtigsten Arbeitgebern des Landes, sondern sichert auch die Versorgung von Wirtschaft und Gesellschaft. Geopolitische Konflikte und Verwerfungen sowie die COVID-19-Pandemie haben jedoch die Anfälligkeit von Lieferketten besonders deutlich gemacht.
Im Rahmen des „Tag der Logistik“ am 10. April 2025, der die Bedeutung und systemrelevante Funktion des Sektors stärker sichtbar machen will, fand heute ein virtuelles Pressegespräch mit Dr. Klaus Wohlrabe vom ifo Institut in München sowie Prof. Dr. Christian Kille von der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt statt. Im Zentrum der Diskussion stand die Robustheit von Supply Chains, ihre essenzielle Rolle für die Versorgungssicherheit sowie Konzepte zur Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit (Resilienz).
ifo präsentiert Umfrageergebnisse zur Lieferkettenstrategie
Der stellvertretende Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen Dr. Klaus Wohlrabe stellte erstmals die Ergebnisse einer im Auftrag der EU-Kommission vom ifo Institut durchgeführten Umfrage zur Lieferkettenstrategie deutscher Unternehmen aus dem März 2025 vor. Dabei wurden Daten von Unternehmen aus Industrie, Handel (Groß- und Einzelhandel), Bauwirtschaft und Dienstleistungen erhoben. Folgende Erkenntnisse standen im Zentrum der Präsentation:
• Stärkere Diversifizierung der Lieferketten: Unternehmen haben ihre Abhängigkeiten verringert, indem sie zusätzliche Bezugsquellen erschlossen haben.
• Ausbau der Lagerhaltung: Als Reaktion auf Lieferengpässe wurden die Lagerbestände – vor allem bei kritischen Vorprodukten – teils deutlich erhöht.
• Anpassung der Lieferbeziehungen: Der Fokus liegt zunehmend auf langfristigen Verträgen sowie auf regionalen und europäischen Partnern.
• Flexibilisierung der Produktion: Durch die Umstellung von Prozessen sind einige Betriebe heute in der Lage, bei Materialengpässen auf alternative Komponenten auszuweichen.
Anschließend ging der promovierte Volkswirt auf die Implikationen für den Wirtschaftsbereich Logistik ein: „Eine gestiegene Nachfrage nach Lagerkapazitäten, höhere Anforderungen an Flexibilität und Resilienz sowie die zunehmende Regionalisierung von Lieferketten eröffnen neue Chancen, erfordern aber auch Anpassungen. Digitalisierung entwickelt sich dabei immer stärker zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Besonders hervorzuheben ist die wachsende Bedeutung eines vorausschauenden Risiko- und Szenario-Managements. Logistik wird künftig noch stärker Teil der strategischen Unternehmensplanung sein müssen – etwa durch die Einbindung in Krisenstäbe oder die Entwicklung von Frühwarnsystemen.“
Erwartungen der Logistikweisen für 2025
Prof. Dr. Christian Kille, Sprecher der „Logistikweisen“, unterlegte die Diskussion mit Einschätzungen des Gremiums aus Logistikexpertinnen und -experten zur Situation des Wirtschaftsbereichs im Logistikjahr 2025. „Die aktuelle Lage der Logistikbranche bleibt herausfordernd. Auf der Nachfrageseite fehlt derzeit die Perspektive für eine positive Entwicklung, auch wenn zum Jahresende auf eine leichte Erholung gehofft werden kann“, so der Professor für Handelslogistik und Operations Management. Gleichzeitig sei das Angebot weiterhin von Kostendruck und intensivem Wettbewerb geprägt, was weitere Konsolidierungen wahrscheinlich mache.
Bei den Investitionen zeige sich ein gemischtes Bild: Während Digitalisierungs- und Automatisierungsprojekte vorangetrieben würden, blieben Investitionen in Assets und Nachhaltigkeit aufgrund wirtschaftlicher Unwägbarkeiten zurückhaltend. Auch die Personalbudgets blieben auf hohem Niveau – nicht nur wegen des Mangels an Arbeitskräften, sondern auch aufgrund der steigenden Anforderungen durch die Technologisierung der Branche.
Trotz der herausfordernden wirtschaftlichen Lage sei aber erkennbar, dass sich die Logistik zunehmend resilienter zeige. Unternehmen in der Logistik haben demnach den gesellschaftlichen Wandel erkannt und entsprechend reagiert. Darüber hinaus verwies Prof. Kille auf logistische Innovationen – mit diesen könne die deutsche Logistik ihre internationale Führungsposition verteidigen. Vor dem Hintergrund einer volatilen Weltwirtschaft setze die Branche zudem verstärkt auf produktivitätssteigernde Maßnahmen. Überdies sei die Branche besonders im Bereich der Logistikimmobilien führend in Sachen Nachhaltigkeit. Zuletzt stellte er fest, dass die politischen Investitionspläne zur Infrastruktur und die unterstützenden Maßnahmen für die Logistik eine Grundlage für die weitere Entwicklung des Sektors bieten können.
Tag der Logistik in den Startlöchern
Nach dem erfolgreichen Auftakt durch das Pressegespräch haben Interessierte morgen, am Tag der Logistik, die Chance, die Vielfalt der Logistikberufe live zu erleben und sich über Einstiegsmöglichkeiten sowie Weiterbildungsangebote zu informieren. Anlässlich des europaweiten Aktionstages öffnen zahlreiche Unternehmen ihre Türen. Auch der Onlineversandhändler Amazon beteiligt sich zum vierten Mal in Folge als Premium-Partner und gewährt spannende Einblicke an mehreren Standorten. Kurzentschlossene können sich unter folgendem Link über das Programm und Veranstaltungen mit freien Kapazitäten informieren.
Über den Tag der Logistik
Der Tag der Logistik wurde im Jahr 2008 von der Bundesvereinigung Logistik (BVL) initiiert und findet jährlich im April statt. Die Ausrichtung des europaweiten Aktionstages liegt mittlerweile bei den beiden auf Logistikkommunikation spezialisierten Agenturen mainblick GmbH, Frankfurt, und teamtosse GmbH, München. Die BVL, die Initiative „Die Wirtschaftsmacher“ sowie viele weitere Initiativen und Verbände unterstützen den Aktionstag als ideelle Partner.
Die Website www.tag-der-logistik.de sowie die verknüpften Social-Media-Kanäle fungieren als zentrale Kommunikationskanäle für die breite Öffentlichkeit. Die teilnehmenden Unternehmen tragen ihre Veranstaltungen und weitere Informationen dort selbst kostenfrei ein. Die Teilnahme an den Veranstaltungen ist ebenfalls kostenlos.
So bietet der Tag der Logistik Chancen für alle – Unternehmen sorgen für mehr Akzeptanz bei Nachbarschaft, Medien und Politik, stärken Kundenkontakte sowie Kontakte zu den Mitarbeitenden und können potenzielle neue Mitarbeitende ansprechen. Teilnehmende erhalten interessante Einblicke in die logistischen Abläufe und die vielfältigen Funktionen und Prozesse, die sie im täglichen Leben durch ihr Kauf- bzw. Konsumverhalten auslösen. Und sie sehen, welche vielfältigen Berufschancen sich innerhalb der Logistik für eine Spannbreite von Hochqualifizierten, etwa IT-Spezialisten, bis hin zu Berufseinsteigern und Ungelernten bieten.